Tastenkabarett: Axel Pätz „MEHR!“

Samstag, 26.03.2022 Bürgerhaus Groß Schwülper, 20:00 Uhr,

„Mehr“ Axel Pätz brilliert im Bürgerhaus

Unersättlich, überaltert, lustgesteuert, bisweilen dekadent: Axel Pätz ist ein messerscharfer Beobachter der heutigen Gesellschaft und bringt deren Eigenschaften auf den Punkt. Blitzgescheit ist seine Analyse, gespickt mit viel Humor und Augenzwinkern.
Virtuos am schwarzglänzenden Flügel, präzise und wortakrobatisch im Vortrag unterhält der bestens aufgelegte Künstler sein Publikum! Mit Worten und mit Liedern zeichnet er treffende Karikaturen über uns alle. Grandios trägt er die zungenbrecherischen und natürlich völlig abstrusen Grundzüge der neuen „einfachen“ Steuererklärung a la Christian Lindner vor, die auf einen Kronkorken passen -Szenenapplaus!
Erotisch und zum Tango-Rhythmus wird der „RRRollator“ (mit rollendem R) besungen, aber auch der Weber-Grill, den wirklich jeder will. Die junge Generation wird bei „chill-mal“ auf`s Korn genommen.
Herrlich: wir schauen in den Spiegel und amüsieren uns bestens über das, was wir sehen! Als Zugabe gab es die „Ü80 Party“. Ein toller Abend, der dem begeisterten Publikum im ausverkauften Bürgerhaus in allerbester Erinnerung bleiben wird, Bravo!

Andreas Romey

Wir haben es geschafft. Willkommen im Anthropozän!

Die Erde ist uns untertan, wir haben alles, was der Mensch braucht und was kein Mensch braucht, haben wir doppelt und dreifach. Wir kommen an die entlegensten Winkel der Welt, in die tiefsten Tiefen, auf die höchsten Gipfel, wir kommen auf den Mond, auf den Mars, nur auf eines kommen wir nicht: Auf die Idee mal innezuhalten, uns mal zu fragen: Wo führt das alles hin?
Das Wachstumsdogma ist unumstößlich, treibt uns schneller, höher, weiter auf der nach oben offenen must-have-Skala. Wer rastet, der kostet, und Kosten sind das einzige auf das wir gerne verzichten.
Bankenkrise, LockDown, Börsencrash – nichts kann den Konsumklimaindex dämpfen. Dinge, von denen unsere Eltern noch nicht ahnten, dass es sie jemals geben würde scheinen uns unentbehrlich:  Computer, Smartphone, unbegrenztes Datenvolumen, Laubpuster, musizierende Unterhosen, Raumspray mit Hühnersuppenaroma und Eierschalensollbruchstellenverursacher.  Haben Sie noch nicht? Dann aber nix wie ab in den Online – Shop!
Der Wohlstandsbürger besitzt statistisch zwei Autos, vier Mobiltelefone und eineinhalb Aufsitzrasenmäher. Dabei hat nur jeder fünfte einen Garten.
Klar, bei so rasantem Fortschritt muss man Widersprüche in Kauf nehmen: Wer sich alle drei Jahre einen neuen SUV kaufen will, kann nun mal nicht mehr als 1,99 € für ein Kilo Schweinefleisch zahlen. Wir haben Waschmittel für blütenweiße Hemden, aber braune Flecken in der Gesinnung kriegen wir eifach nicht raus. Und: macht es bei technischen Qualitätsprodukten eigentlich einen Unterschied, ob man mit dem Laubpuster die Blätter vor der Haustür, oder mit schwerer Artillerie Protestierende vor dem Regierungspalast wegpustet?
Die größten Ängste der Deutschen sind nicht mehr Hunger, Armut, Krieg, sondern  Tempolimit, kein Klopapier mehr und daß der Syrer von nebenan den schöneren Gartenzwerg hat.
Bei seltenen Erden denkt inzwischen keiner mehr an die Einzigartigkeit unseres Planeten, sondern an die zunehmende Vormachtstellung der Chinesen. Terra ist in erster Linie ein Synonym für ganz, ganz viel Speicherplatz. „Schöpfung“ nur noch ein Suffix von „Wertschöpfung“.
Mit präzisem Blick und feinem Sarkasmus entwickelt Axel Pätz ein skurrriles Panorama der Welt durch die wir uns alltäglich kämpfen. Er beschreibt das große Glück des Grillens, sorgt für Bombenstimmung mit einem Rüstungsexport – Gassenhauer, präsentiert die Steuererklärung auf dem Kronkorken und besingt eine Sonderbegabung beim Verzehr von Kartoffelchips. Von „A“ wie „Autowahn“ bis „Z“ wie „Zahnreinigung“: nichts kann seinem satirischen Rundumschlag entkommen.
Nebenbei erobert er sich die musikalische Deutungshoheit über den heiß diskutierten Heimatbegriff, und auch große Emotionen kommen nich zu kurz: Spätestens bei der herzzerreißenden Ballade vom  Altglascontainer wird man mitfühlend seufzen: „Mehr!“.

„Ich mag eigentlich kein Klavierkabarett, aber bei Ihnen hat mich die Musik gar nicht gestört“.

Diese zweifelhafte Äußerung eines Gastes versteht Tastenkabarettist Axel Pätz durchaus als Kompliment. Zwar bedient er Klavier und Akkordeon recht virtuos, aber auch so beiläufig, dass seine geschliffenen Texte und sein hinterlistiger Wortwitz dahinter nicht verblassen. Daneben überzeugt er mit  gekonntem Schauspiel und beeindruckender Stimmgewalt. Zahlreiche Kabarett- und Kleinkunstpreise sind dafür ein Beleg.

So hat sich  Axel Pätz nicht nur große Anerkennung unter den  deutschsprachigen Musikkabarettisten erspielt, sondern ist auch als Autor bei namhaften Bühnen gefragt. Unter anderem schreibt und komponiert er für die Distel in Berlin, Die Dresdner Herkuleskeule und das Hamburger Theaterschiff, wo er inzwischen auch Ensemblemitglied ist.


www.axelpaetz.de